Stadtpalais Liechtenstein

Wien 1 Bankgasse

Im Zuge der Restaurierung des Stadtpalais Liechtenstein wurde dem Team um Ing. Heinrich Hetzer die Aufgabe gestellt, drei sehr prominent verarbeitete Stoffe dem zeitgenössischem Original entsprechend neu zu produzieren.

Es handelte sich um die textile Ausstattung der Kubarizimmer, der beiden Mahagonizimmer und des Bouquetsaales im zweiten Stock, sowie des Boiseriezimmers im ersten Stock des Wiener Palais Liechtenstein.

Rekonstruktion des roten Stoffes in den beiden Kubarizimmern nach einem Fragment.

Bahnbreite (= Rapport in x)
2x 35 cm (eine Bahn)
Rapporthöhe (= Rapport in y)
40 cm (im Original z.T. erhebliche Unterschiede)

Rekonstruktion des blauen Stoffes im großen Mahagonizimmer nach einem Originaldokument.

Bahnbreite (= Rapport in x)
70 cm
Rapporthöhe (= Rapport in y)
204 cm

Versatz der Bahnen 4er-köperartig, Z Richtung pro Bahn jeweils um 51 cm in der Höhe versetzt.

Rekonstruktion der Vorhänge und Möbelbezugsstoffe im Bouquetsaal und im Boiseriezimmer nach den Originaldokumenten (Copyright: Palais Liechtenstein)

Bahnbreite (= Rapport in x)
53 cm
Rapporthöhe (= Rapport in y)
110 cm

Nachwebung der Seidenstoffe im Palais Liechtenstein

Zunächst wurden die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Originaldokumente analysiert. Im Kontext zu den Ergebnissen der Analyse wurden die Webstuhlvorrichtungen der damaligen Weber studiert, um daraus die Vorrichtungen für unsere elektronisch gesteuerte Webmaschine abzuleiten.

Bei der Anfertigung der Zeichnung wurde das Muster gescannt und in einer textilen CAD Anlage weiter bearbeitet. Ausdrucke der Muster in natürlicher Größe dienten zur ersten Kontrolle der Arbeiten. Zur Ermittlung der Farben wurden von verschiedenen Stellen Farbproben genommen. Mittels Spectrophotometer wurden die Farben eingemessen und die Färberezepte ermittelt.

Zur Erstellung der Webmaschinensteuerdaten gehörten das Erstellen der Bindungen, die Zuordnung der Bindungen zu den Steuerelementen der Webmaschine, das Aufrechnen der Bindungen auf das expandierte Dessin, die Beurteilung des Klartextes und die Übertragung der Webmaschinensteuerdaten in das Format der Jacquardmaschine.

Aufwendige Webproben zur Abstimmung der Farben

Die Freigabe der Stoffe durch den Auftraggeber erfolgte anhand von Webproben. Auch wenn für die Vorlage nur einige Rapporte gearbeitet wurden, war es nötig, die Webmaschine wie für die Gesamtproduktion zu rüsten. Das umfasste neben dem Erstellen der Webmaschinensteuerdaten das Einfärben der Garne, das Herstellen von Grund und Bindekette, sowie das Anknüpfen und Weben der Proberapporte. Für die Webprobe wurden auch die im eigenen Betrieb entwickelten Sondervorrichtungen getestet und einreguliert.

Zur endgültigen Abstimmung waren mehrere Durchläufe mit allen Dessins erforderlich. Besonders bei den Bouquets war die Abstimmung der zwanzig Farben untereinander eine große Herausforderung für Auftraggeber, Weber und Färber. Zusätzlich erschwert wurde die Neuwebung durch den Wunsch des Auftraggebers, vorhandene historische Teile in Kombination mit den neugefertigten Stoffen zu verarbeiten.

Bei Kubari und Mahagoni handelt es sich um dreifärbige Stoffqualitäten, während die Bouquetstoffe in Lampaswebtechnik mit zwanzig Schussfarben und auf zwei Kettsystemen gearbeitet sind.

Lampas ist in der Seidenweberei eine der kompliziertesten Webtechniken. Diese Gewebe konnten bislang nur auf Handwebstühlen hergestellt werden. Die Herausforderung war, die eigens dafür angeschaffte elektronisch gesteuerte Webmaschine so umzubauen, dass mit der neuen Vorrichtung die historische Webtechnik gearbeitet werden konnte.

Lampas ist in der Seidenweberei eine der kompliziertesten Webtechniken. Diese Gewebe konnten bislang nur auf Handwebstühlen hergestellt werden. Die Herausforderung war, die eigens dafür angeschaffte elektronisch gesteuerte Webmaschine so umzubauen, dass mit der neuen Vorrichtung die historische Webtechnik gearbeitet werden konnte.

Jedes Jacquardgewebe ist ein wohlausgewogenes Zusammenspiel von Material, Farbe, Bindung und Dessin. Da es in diesem Bereich keinerlei technisch-mathematischen Methoden der Konstruktion gibt, ist dieses spezielle Fachgebiet auch im 21. Jhdt. eine Domäne der langjährigen Erfahrung. Das Ergebnis ist ein Produkt interdisziplinärer Zusammenarbeit von Bauherr, Architekt, Gewebetechniker, Färber, Weber und Nähatelier.

Die Grenzen zwischen Handwerk und Kunst verschwinden.

Ein wesentlicher Anteil am Gelingen dieses Projektes gebührt Herrn Dr. Johann Kräftner, Direktor der Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein, dessen hohe Ansprüche sich auf jeden im Team übertrugen und jeden einzelnen zu außergewöhnlichen Leistungen anspornten.

Ein Stück Wiener Seidenwebkultur wurde neu belebt.

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